Transition Finance regelt Märkte neu

Transition Finance wird die Kapitalmarktwelt in den kommenden Jahren neu regeln. Es wird eine Verschiebung der Assets geben. Das gilt als unausweichlich.

Green Finance begeistert Anleger, Casey Horner/Unsplash

Die gravierendste Veränderung, die die internationalen Kapitalmärkte in Sachen Transition Finance in den kommenden Jahren erleben werden, ist die Verschiebung von Assets. So die einhellige Auffassung von Kapitalmarktexperten. Und das wird eine komplett neue Kapitalmarktrealität nach sich ziehen. Betreffen wird es Aktien und Bonds von Unternehmen, Banken und auch supranationalen Institutionen sowie halbstaatlichen Adressen oder Agencies (auch unter SSA zusammengefasst) gleichermaßen. Denn Adressen, die sich frühzeitig dem Problem des Klimawandels stellen und entsprechende Anpassung in ihrer geschäftspolitischen Strategie vornehmen, werden entsprechend von dieser Neuausrichtung profitieren. Das bedeutet: Aktien oder Bonds von bereits grünen, nachhaltigen oder sehr stark sozial engagierten Adressen werden eine entsprechende positive Performance ihrer Aktien und Bonds erleben. Unternehmen, die diesem Prozess hinterherhinken oder sich dieser Neuausrichtung womöglich komplett verweigern, also nicht grün, nicht nachhaltig und damit – wie es mittlerweile an den Kapitalmärkten heißt – braun oder bräunlich bleiben, werden das Nachsehen haben. Die Anlegergunst wird sich von ihren Kapitalmarktinstrumenten, sei es auf der Equity-Seite oder im Fixed-Income-Bereich, abwenden mit entsprechenden Konsequenzen für die Kursperformance. Das wird das Bild der Verschiebung sein.

„Wir stellen zunehmend fest, dass Unternehmen, die keine Rechenschaft darüber ablegen, wie sie ihre Transformationsziele erreichen, und die ihre Auswirkungen nicht offenlegen, nur schwer Zugang zu Kapital finden. Die überwiegende Mehrheit der Investoren ist an genau diesem Punkt interessiert, nämlich an der Berücksichtigung von ESG- und Nachhaltigkeitszielen. Sie berücksichtigen also die Nachhaltigkeitsleistung bei der Bewertung ihrer Investitionsmöglichkeiten“, hält etwa Julia Hoggett, Chefin der London Stock Exchange (LSE), im Interview der Börsen-Zeitung fest. Natürlich würden Eigenkapital- und Fremdkapitalinstrumente im Mittelpunkt stehen, schließlich stünden sie in direktem Zusammenhang mit der Finanzierung der Bilanzen von Unternehmen, die den Übergang zu einer Netto-null-Bilanz vollziehen. „Wir beobachten auch, dass mehr und mehr Regierungen grüne Anleihen begeben. Die Anleger werden sich zunehmend nicht mehr nur für die Rendite von Staatsanleihen interessieren, sondern sie werden ihre Portfolios auch im Hinblick auf den Stand der Netto-null-Verpflichtungen der verschiedenen Länder vergleichen. Davon hängt auch ab, welche Anlagen gekauft werden und welche nicht“, führt die LSE-Chefin Hoggett hierzu weiter aus.

Wenn man von dem Grundsatz ausgehe, dass die Wirtschaft global umgestellt werden müsse, dann sei die Rolle der sogenannten größeren oder gewichtigeren Emittenten bei der Umstellung ebenso wichtig wie die Rolle der neuen Unternehmen, die heute gegründet werden würden. „Betrachtet man eine rein grüne Wirtschaftstätigkeit, so spielen die Märkte eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den Unternehmen den Übergang zu erleichtern. Ich sage gerne, dass „der Übergang im Fernsehen übertragen werden muss“, denn die Handlungen der Unternehmen auf öffentlichen Märkten können von allen Anlegern genau verfolgt werden, und das wird immer wichtiger“, so Hoggett. Eine großartige Sache an öffentlichen Märkten sei, dass sie ein gewisses Maß an Aufsicht und Transparenz bieten würden. Das bedeute, dass die Anleger die Fortschritte der Unternehmen bei der Umstellung wirklich verfolgen und mitbestimmen könnten.

Soziale Herausforderungen

„Um einen globalen Temperaturanstieg von über 1,5°C zu verhindern, müssen Zechen und Ölfelder in Zukunft stillliegen. Der Nichtabbau dieser fossilen Energieträger wird logischerweise wirtschaftliche und soziale Herausforderungen mit sich bringen, da heutzutage immer noch ganze Wirtschaftszweige von fossilen Rohstoffen abhängen. Investitionen, die den Klimawandel nicht überstehen können, werden in den nächsten Jahren meiner Meinung nach an Wert verlieren“, meint hierzu Luxemburgs Finanzministerin Yuriko Backes. Es sei jedoch schwer zu sagen, welche Vermögenswerte vom Wechsel zu einer umweltfreundlichen Wirtschaft am meisten profitieren würden, weil dieser Wandel mit vielen Fragezeichen versehen sei. „Sektoren wie erneuerbare Energien und Wasserinfrastruktur werden sehr wahrscheinlich davon profitieren können“, so die Einschätzung von Backes.

Neue Möglichkeiten

„Es gibt mehrere, auch neue Möglichkeiten, den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu finanzieren. Zum Beispiel kann man grüne Anleihen begeben oder Kohlenstoffemissionen mit Zahlungen ausgleichen – das sogenannte Carbon Offsetting. Der Luxemburger Finanzplatz hat über die vergangenen 15 Jahre eine ganze Reihe von innovativen Instrumenten entwickelt, um Firmen und Investoren bei der Finanzierung ihrer Umstellung zu helfen“, so Backes. Eine Erfolgsgeschichte in dieser Hinsicht ist die Luxembourg Green Exchange,  (LGX), die weltweit erste Plattform für grüne, soziale und nachhaltige Wertpapiere.


Die kostenlose Veröffentlichung dieser Artikel aus der Börsen-Zeitung wird ermöglicht durch: