Sustainability kommt auch in islamischen Ländern voran

Auch in den islamischen Ländern ist Green und Sustainability Finance und damit auch Transition Finance auf dem Vormarsch. Sukuk-Bonds kommen diesbezüglich zum Einsatz. Die EZB prüft ihren Einsatz als Sicherheit.

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Dass es an den internationalen Finanzmärkten und auch in der Realwirtschaft in den kommenden Jahren zu zahlreichen Veränderungen und Umstellungen auch bei Kapitalmarktprodukten und Finanzierungsformen kommen wird, ist für die Finanzmärkte eine ausgemachte Sache. Transition Finance lautet das diesbezügliche Stichwort. Das heißt: Die Finanzmärkte werden die Realwirtschaft bei der Umstellung hin zu einer grüneren und nachhaltigeren Ausrichtung begleiten, unterstützen und manche Entwicklungen auch forcieren. Diese Umstellungen betreffen Unternehmen, aber auch Banken, Assetmanager, Staaten, supranationale Adressen, Agencies und Gebietskörperschaften (SSA).

Das Thema Transition Finance ist bei Kapitalmarktteilnehmern derzeit in aller Munde und wird auch in den kommenden Jahren an den Märkten ein zentrales Thema bleiben. Auch auf der diesjährigen 55. Tagung (AGM & Conference) der International Capital Market Association (ICMA) in Paris mit rund 1.200 angemeldeten Delegierten war Transition Finance ein zentraler Diskussionsgegenstand. Das Thema zog sich praktisch durch alle Diskussionsrunden und Keynotes. Immer wieder wurde auf die Wichtigkeit dieses Aspektes für die Realwirtschaft und damit auch für die Finanzmärkte in den Reden und Debatten aufmerksam gemacht.

Wer an Green und Sustainable Finance und die damit verbundenen Projekte in der realen Welt denkt, denkt auch in erster Linie an Europa und die USA, zumindest, wenn es um die großangelegten Bestrebungen von Regularien (Taxonomien, Emissionen von Bonds etc.) geht. Im zweiten Schritt folgt dann Asien und dort allen voran China. Wenig auf der Bildfläche vertreten ist in dieser Hinsicht die islamische Welt. Und hierzu gab es auf der ICMA-Konferenz einen recht tiefen Einblick, der beeindruckte. Dieser kam von Muhammad Al Jasser, Chairman der Islamic Development Bank Group (IsDB), einer Förderinstitution für den islamischen Bereich bzw. islamischer Länder. Die IsDB zielt mit ihren Investitionen aus Bonds laut Al Jasser auf Infrastrukturprojekte. Al Jasser machte auf der Konferenz demzufolge klar, dass es bei den Investitionsprojekten um grüne, soziale und nachhaltige Projekte geht und die Anleihen, die aus dem Hause kommen, hierfür entwickelt wurden. Diese Anleihen sind schariakonform ausgestaltet und seinen Angaben zufolge kamen seit dem Jahr 2005 derartige Anleihen im Umfang von gut 42 Mrd. Dollar auf den Markt. Sie sind von den Ratingagenturen mit der Höchstnote „AAA“ ausgestattet. Am Bondmarkt kommen diese Papiere, die nachhaltigen Zwecken zugutekommen, sehr gut an. Die Aufnahme seitens der Investoren sei sehr gut, der Markt liefere eine sehr gute Unterstützung bei den Emissionen, so Al Jasser.

Al Jasser überraschte ein wenig auf der ICMA-Konferenz mit einem weiteren Aspekt. Derzeit befinden sich diese Sukuk-Bonds, also schariakonforme Anleihen, in der Prüfung bei der Europäischen Zentralbank (EZB), ob sie „eligible“ sind, also als Sicherheitenverwendung für EZB-Zentralbankgeld in Frage kommen. Al Jasser weist auf der Konferenz darauf hin, dass die EZB diesen Aspekt bislang noch nicht zugelassen hat, aber ihn auch bislang nicht abgelehnt hat. Er befinde sich derzeit schlichtweg noch in der Phase der Prüfung.

Man habe zu dem Sachverhalt von den europäischen Währungshütern Fragen gestellt bekommen, die Aspekte würden in der Prüfungsphase nun abgearbeitet werden. Al Jasser hofft, dass die Phase der Prüfung bald zu einem Ergebnis kommt. Für die internationalen Kapitalmärkte wäre es eine Neuerung, wenn auch Sukuk-Bonds, also mit dem islamischen Recht konforme Anleihen, als Sicherheiten bei der Europäischen Zentralbank für Zentralbankgeld hinterlegt werden könnten. Dies würde den Rahmen deutlich erweitern.

Hinweis auf Marktverfassung

Al Jasser weist auch auf die Marktverfassung vieler Sukuk-Bonds hin. Liquidität und nicht das Angebot an Bonds sei das Problem bei den Sukuk-Papieren. Denn viele Anleger kaufen die Papiere bei Emission und halten sie dann bis zur Endfälligkeit (Buy-and-Hold-Investoren). Das sorgt bei den betreffenden Bonds auch für eine gewisse Illiquidität. Er geht davon aus, dass der Markt der Sukuk-Bonds auch in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Größenordnungen von 1 Bill. Dollar werden in diesem Zusammenhang als Marktgröße herumgereicht.

Al Jasser sieht bei diesen Bonds auch kein Risiko für Anleihegläubiger. Die Überzeichnungen bei Emissionen seien regelmäßig sehr hoch. Al Jasser gibt sie über die Emissionen hinweg betrachtet mit 2,7 bis 8 an. Dies gilt am Markt allgemein als eine sehr hohe Überzeichnung einer Emission. Bei Staaten und Unternehmen sind die Überzeichnungen von Bondemissionen hingegen nicht grundsätzlich so hoch. Bei Neuemissionen von neuen Adressen am Bondmarkt sind aber auch schon mal sehr viel höhere Überzeichnungen und damit entsprechende Orderbuchvolumina zu registrieren. Einer der größten Green & Sustainable Sukuk Bonds ist laut Al Jasser ein 5 Mrd. Dollar schwerer Schuldtitel. Al Jasser weist auch darauf hin, wofür die Gelder aus diesen nachhaltigen Sukuk-Bonds eingesetzt werden. So hat es in einem Land eine Rehabilitation von sogenannten Slum Areas gegeben. Es wurden Flüsse gesäubert, so dass auch die Fische in diese Flüsse wieder zurückkamen. Vorher gab es dort nur noch tote Fische. Auf diese Art und Weise konnte wieder Fischerei betrieben werden, und es stellt sich für Fischer wieder die Möglichkeit ein, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In Gambia etwa wurden Straßen repariert. Und das mit einem sehr großen Erfolg, erklärte Al Jasser. Brauchten die Menschen vorher für die entsprechende Wegstrecke über die völlig zerstörte Straße für den angepeilten Weg zwölf Stunden, waren es nach der Reparatur der Straße noch vier Stunden für die Dauer der Fahrt. Das sei ein großer Erfolg, der mit diesen nachhaltigen Sukuks erreicht worden sei.

In erster Linie geht es bei der Umstellung in Sachen Transition Finance um den Bereich Klima und damit den Übergang von fossilen auf erneuerbare Energieträger und mit welcher Geschwindigkeit dieser für die Gesellschaft in den kommenden Jahren stattfinden wird. „Für jeden Dollar, der in fossile Brennstoffe investiert wird, fließen jetzt etwa 1,7 Dollar in saubere Energie. Vor fünf Jahren war dieses Verhältnis noch eins zu eins“, sagt Tim Gould, Chief Energy Economist der bekannten International Energy Agency (IEA), auf der ICMA-Tagung in seiner viel beachteten Keynote. „Jeden Tag wird nun mehr als 1 Mrd. Dollar für die Solarenergie ausgegeben, die zum ersten Mal die Investitionen in die Ölförderung überholen wird“, führt Gould auf der Konferenz weiter aus.

Erneuerbare Energien vorne

„Erneuerbare Energien, allen voran die Solarenergie, und Elektrofahrzeuge führen das Wachstum der Ausgaben für saubere Energie an“, sagt Gould. „In anderen Ländern gibt es Lichtblicke, aber mehr als 90% des Anstiegs der Investitionen in saubere Energie seit 2021 haben in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und China stattgefunden“, so der IEA-Experte. „Die nachhaltige Finanzierung hat den Sturm der Energiekrise überstanden, aber es bleiben große offene Fragen, wie man eine stärkere Unterstützung für den Übergang in emissionsintensiven Sektoren und in Entwicklungsländern mobilisieren kann“, gibt auch Gould auf der ICMA-Konferenz zu bedenken.


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