Leitartikel Transition

Der herausfordernde Übergang

Der Transitionsprozess zu Green und Sustainability wird ein langwieriger, herausfordernder Prozess – für die Realwirtschaft und für die Finanzmärkte.

Business Competition and Thriving in a Competitive Environment
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„Transition Finance wird die Finanzmärkte ­dominieren. Es wird sehr herausfordernd.“

Wir haben alle keinen Knopf, den wir drücken können, um dann von jetzt auf gleich grün und nachhaltig zu sein. So wünschenswert dieser Button auch wäre, der Transitionsprozess zu Green und Sustainability wird ein langwieriger, herausfordernder Prozess – für die Realwirtschaft und für die Finanzmärkte. Er wird viele Jahre in Anspruch nehmen und mit zum Teil recht schmerzlichen Anpassungen verbunden sein. Dass dieser Prozess keinen Aufschub mehr duldet nach der Devise „Das können wir auch noch in ein paar Jahren angehen“, muss ebenso klar sein wie die Tatsache, dass diese gesamte Transition eben nicht über Nacht zu realisieren ist. Das sollte auch der eine oder andere Vertreter jüngerer Generationen einsehen.

Für die Realwirtschaft bedeutet dies vor allem eines: Unternehmen mit einer hohen Kohlenstoffintensität, die sogenannten braunen Unternehmen, müssen ihre veralteten Geschäftsmodelle umstellen, zukunftsfähig machen. Schließlich geht es auch um Arbeitsplätze, bestehende und neue. Das ist somit kein Marketing-Gag, sondern ein Erfordernis, das sich nicht einfach wegdiskutieren lässt. Das erfordert Ideen, Innovationsfähigkeit, Anpassungsakzeptanz und auch das Zugeständnis von Anteilseignern und Fremdkapitalinvestoren, dass Unternehmen, aber auch Banken in diesem Umstellungsprozess auch mal scheitern dürfen. Man muss nur aus Fehlern auch lernen. Und: Die Transition muss mit sozialem Frieden einhergehen. Das müssen alle einsehen.

Eine besondere Rolle kommt vielen Stakeholdern zu – gerade solchen, die sich an hunderten, wenn nicht tausenden Unternehmen beteiligen. Zu denken ist an große Assetmanager, aber auch an international agierende Pensionsfonds. Sie haben in den vergangenen Jahren auf der Grundlage ihrer Kenntnis von diversen Geschäftsmodellen und welche bei diesem Umstellungsprozess gescheitert sind bzw. definitiv werden, viele Erfahrungen gesammelt, die sie als gebündeltes Wissen durchaus weitergeben können. Davon kann man lernen. Es geht ihnen auch vielfach darum, solchen Unternehmen, die noch in ihren alten Denkmustern und damit Geschäftsmodellen verhaftet sind, bei dieser Umstellung zu helfen, Wege und Lösungen aufzuzeigen. Eines ist klar: Viele Unternehmen gehen den Weg noch nicht schnell und entschlossen genug, weil ihre Gewinne aus diesen alten Modellen noch sprudeln und viele Verantwortliche den Übergang deshalb noch scheuen, nicht zuletzt wegen des Investitionserfordernisses und schmerzlicher Anpassungen. Doch ab einem gewissen Punkt werden Gelder eben nur noch dann fließen, wenn die Modelle nicht tot, sondern zukunftsfähig sind und das ist nun mal eine grüne und nachhaltige Zukunft. Das betrifft Gelder von Equity- und Fixed-Income-Investoren gleichermaßen.

Und bei dieser Transition spielt der Finanzmarkt eine ganz entscheidende Rolle. Green und Sustainability an den Finanzmärkten und damit einhergehend Green Bonds, Social Bonds, Sustainability Bonds und Sustainability-Linked Bonds sind kein Versuchsprojekt und sie sind den Kinderschuhen längst entwachsen. Das ist seit Jahren Mainstream. Der Finanzmarkt wird darüber entscheiden, welche Assets in den nächsten Jahren überleben und welche nicht. Es findet ein Selektionsprozess statt, an dessen Ende Gewinner und Verlierer stehen. Stranded Assets lautet das Stichwort für die Loser. Das betrifft Aktien und Anleihen gleichermaßen. Denn Assetmanager, Pensionsfonds, private Anleger, aber auch Zentralbanken werden selbstredend vornehmlich in solche Assets investieren, die die Transition erfolgreich meistern. Das bedeutet Kursperformance bei Aktien und geringere Finanzierungskosten auf der Zinsseite. Letzteres ist heute schon am Greenium grüner Anleihen ablesbar: Green Bonds lassen sich zu geringeren Renditen an den Bondmärkten platzieren als ihre nichtgrünen Pendants. Das ist ein Prozess, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird und zu ganz erheblichen Finanzierungsunterschieden an den Märkten beitragen wird. Der Druck auf Unternehmen, sich der Transition zu stellen, nimmt damit immer mehr zu. Transition Finance beinhaltet nicht nur Engagement von Investoren in den Unternehmen, sondern auch Selektion an den Märkten über Performance von Aktien und Bonds.


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